Ist ein Pianistenleben ohne Chopin vorstellbar? David Fray machte immerhin 15 Jahre einen Bogen um den Komponisten: „Er hat mir ein bisschen Angst gemacht“, sagt Fray. Doch dann zeigt sich: Dem reifen Pianisten liegt ganz wunderbar das „Unvorhergesehene, die Inspiration aus dem Moment hera
Ist ein Pianistenleben ohne Chopin vorstellbar? David Fray machte immerhin 15 Jahre einen Bogen um den Komponisten: „Er hat mir ein bisschen Angst gemacht“, sagt Fray. Doch dann zeigt sich: Dem reifen Pianisten liegt ganz wunderbar das „Unvorhergesehene, die Inspiration aus dem Moment heraus“ – Dinge, die für diese fragile Musik unverzichtbar sind. Nun legt David Fray sein erstes Chopin-Album vor – als Beginn einer neuen Phase seiner Diskografie.
Schon in seinen Schubert-, Bach- und Mozart-Alben zeigt sich Fray als romantischer Ausdruckskünstler. Und auch bei Chopin schöpft er tief aus den Traditionsquellen des 19. Jahrhunderts, interpretiert tastend, fast improvisatorisch, in ständigem Bewusstsein der Fragilität seiner Tongebäude: „Wenn man versucht, diese Musik in Stein zu meißeln, stirbt sie". Chopin verstand seine Kunst als auf das Klavier übertragenen Belcanto, als instrumentalen Gesangsvortrag. Fray verwirklicht dieses Ideal: „Ich hatte schon immer die Idee, mein Instrument in ein singendes Instrument zu verwandeln“. Schauplätze dieses Wechselspiels von Freiheit und rhythmischer Struktur sind vor allem die kleinen, konzentrierten Formen: Nocturnes, Mazurken, Impromptus - angeordnet freilich um das Zentrum der zukunftsweisenden Polonaise fantaisie op. 61, Chopins letztem großen Klavierwerk.