Als erstes drangen Gerüchte durch den „Eisernen Vorhang“, gefolgt von schwarz gepressten LPs, und als der Pianist Sviatoslav Richter im Jahre 1960 endlich in den Westen reisen durfte, wurde er schon zu Lebzeiten eine Legende, der sich bald eine gewisse Märtyrer-Aura hinzugesellte: Sehr eng i
Als erstes drangen Gerüchte durch den „Eisernen Vorhang“, gefolgt von schwarz gepressten LPs, und als der Pianist Sviatoslav Richter im Jahre 1960 endlich in den Westen reisen durfte, wurde er schon zu Lebzeiten eine Legende, der sich bald eine gewisse Märtyrer-Aura hinzugesellte: Sehr eng ist Richters Schicksal mit der Geschichte der Sowjetunion verbunden, war der Pianist doch immer wieder Zielpunkt von Repressalien. Nun erscheint eine Box mit Studio- & Live-Aufnahmen aus drei Jahrzehnten dieses Klaviertitanen, dessen 100. Geburtstag die Musikwelt in 2015 begeht.
Musik hatte für ihn etwas Religiöses. Wer seine Konzerte erlebte, spürte sofort, dass Richter am Klavier um letzte Dinge rang, den klassischen Werken auch ungeahnte philosophische Tiefen ablauschte. Die Box Le Titan du Piano deckt die Jahrzehnte ab, in denen sich Richter mit einer Fülle von Tondokumenten künstlerisch entfalten konnte, wobei es ihm nie auf enzyklopädische Vollständigkeit ankam. Im Gegenteil: Der Pianist war recht wählerisch mit seiner Repertoireauswahl. Die Einspielungen umfassen Solo-, Konzert- und Kammermusikaufnahmen. Höhepunkte sind sicherlich Schuberts Wandererfantasie von 1963, Beethovens drittes Klavierkonzert sowie das Tripelkonzert (mit Oistrach und Rostropowitsch) aus den 1970ern, Konzerte von Schumann, Brahms und Dvořák aus den 1960ern. Bach-Aufnahmen der 90er geben Einblicke in Richters Altersreife. Griegs vierhändige, aus romantischem Geist heraus entstandene Bearbeitungen von Mozart-Sonaten (mit Elisabeth Leonskaja), sind nach wie vor Repertoire-Entdeckungen.