Mit Mozart fing alles an. Tatsächlich schon mit dem Tag meiner Geburt – wie Wolfgang Amadeus – am 27 Januar. Als ich dann vier Jahre alt war, wir wohnten damals in Rom, hörte ich im Treppenhaus diese Melodie, die mir nicht mehr aus dem Kopf ging und die ich deshalb ständig vor mir her pfiff: Sie stammte aus Mozarts Flötenkonzert Nr. 1. Ich bat unseren Nachbarn, aus dessen Wohnung die Musik kam, es mir beizubringen. Das war meine erste Begegnung mit der Flöte, mit der klassischen Musik überhaupt – und mit Mozart. Er ist mein guter Stern in der Musik. Spiele ich heute seine Kompositionen, spüre ich beim Ein- und Ausatmen eine Verbindung zwischen Leib und Seele. Diese Emotionen, die durch den Atem beim Spielen entstehen – für mich schafft das nur Mozart, es ist einzigartig. Er behandelt Instrumente wie die menschliche Stimme. Seine Musik verbindet Struktur und Freiheit.
Dass ich ausgerechnet jetzt diese vier Mozart-Violinsonaten auf der Flöte aufgenommen habe, ist kein Zufall. Mein Portfolio bei Warner Classics ist ein Kaleidoskop verschiedener musikalischer Werke, die man auf der Flöte spielen kann. Angefangen hatten wir 1997 mit den Flötenkonzerten von Mozart, mit Claudio Abbado und den Berliner Philharmonikern. Ich war gerade 27 geworden, und hatte mit der Zeit gelernt, dass Mozart auf seinen Reisen von Salzburg nach Mannheim, Paris und Wien parallel zu seinen Opern, Sinfonien, Flötenkonzerten und Quartetten, auch noch viele Violinsonaten geschrieben hat. Sechs davon wurden noch zu seinen Lebzeiten für die Flöte veröffentlicht, in einer leicht modifizierten Version. Ich persönlich bin immer lieber so nah wie möglich am Original geblieben – die Modifizierungen gehen mir zu weit weg von Mozarts Handschrift. Und das funktioniert sehr gut, da Mozart die Sonaten zu einer Zeit geschrieben hat, als er auch Flötenwerke komponierte. Flöte und Violine sind somit sehr nah beieinander, sodass ich die vier Sonaten auf diesem Album eher adaptieren als transponieren konnte. Gemeinsam mit meinem treuen Klavierpartner Eric Le Sage habe ich immer mal wieder Teile aus den Sonaten bei Festivals oder Konzerten ins Programm eingebunden. Und so hat sich die Auswahl der vier Sonaten in B-Dur, G-Dur, E-Moll und C-Dur herauskristallisiert. Die Zeit war reif, sie auf einem Album zusammenzubringen. Im Dialog mit dem Klavier sind sie wunderbar auf der Flöte zu spielen.
Alle Stücke haben dabei allein schon durch ihre unterschiedliche Tonart ganz individuelle Charaktere. Die B-Dur-Sonate etwa ist voller wunderbarer langer Phrasen und unendlicher Melodien, die Stimmen wechseln sich ab und kommunizieren miteinander. Die Sonate in E-Moll schrieb Mozart in Paris, in der Nacht, in der seine Mutter im Sterben lag. Sie ist voller Traurigkeit, aber auch Wut. Und dann ist da die C-Dur-Sonate: ein Champagner-Sprudel und Feuerwerk, wie Mozart es in Paris auch erlebte. Die G-Dur-Sonate wiederrum entstand etwas später in Wien, hier schwingt ein Gefühl von Vollkommenheit mit.
Was Mozart erlebt und in seinen Werken aufgeschrieben hat, das wollen wir Musiker heute wiederbeleben. Was wir beim Hören dieser Musik empfinden, ist also gelebte Zeit. Mozarts Zeit. Und ich hoffe, es gelingt mir mit diesem Album, meine sehr persönliche und tiefe Empfindung für diese Musik und den Komponisten mit den Hörern zu teilen.