Die französische Sopranistin Natalie Dessay, die im April 2010 in der Wiener Staatsoper mit dem Titel „Österreichische Kammersängerin“ ausgezeichnet wurde, gehört zu den gefeierten Opernstars unserer Tage, die auch durch ihr Schauspieltalent begeistert. Sie hat sich mit Paraderollen des Koloraturfachs (Offenbachs Olympia, Mozarts Königin der Nacht und Strauss' Zerbinetta) einen Namen gemacht und überzeugt in allen Stilarten, sei es im italienischen Belcanto, in französischer Oper der Romantik oder in virtuoser Barockmusik von Händel. Natalie Dessay wird vor allem als Interpretin großer Frauenfiguren gefeiert: Lucia di Lammermoor, Amina („La Sonnambula“), Pamina („Die Zauberflöte“), Manon, Juliette und Ophélie („Hamlet“).
Natalie Dessay, in Lyon geboren, wollte zunächst Tänzerin werden, studierte dann jedoch Schauspiel und Gesang am Konservatorium in Bordeaux. Sie beendete 20-jährig ihr Studium mit dem 1. Preis. Danach ging sie für weitere Studien an die Pariser Opéra und erhielt ihre ersten Engagements als Solistin.
1992 sang sie ihre erste Olympia in Offenbachs „Contes d'Hoffmann“ an der Pariser Opéra Bastille (Inszenierung: Roman Polanski). Im Jahr darauf wurde sie von der Wiener Staatsoper eingeladen, Blondchen („Die Entführung aus dem Serail“) zu singen. 1993 war sie Olympia in der Produktion zur Neueröffnung der restaurierten Opéra de Lyon, und 2001 hatte sie diese Rolle bereits in acht verschiedenen Inszenierungen gesungen, darunter bei ihrem Scala-Debüt. Die 1990er Jahre brachten die Königin der Nacht in Aix-en-Provence, Ophélie („Hamlet“) in Genf (Natalie Dessay sang diese Rolle auch 2003 am Londoner Royal Opera House und am Liceo in Barcelona), Aminta („Die schweigsame Frau“) in Wien, Fiakermilli („Arabella“) bei ihrem Debüt an der New Yorker Met. Dann folgten Zerbinetta sowie Lakmé (an der Opéra Comique), Eurydice in Offenbachs „Orphée aux Enfers“ in Lyon, in Paris Morgana in Händels „Alcina“. Zu den Dirigenten dieser Aufführungen gehörten Pierre Boulez, James Levine, James Conlon, William Christie und Marc Minkowski.
2001 trat die Karriere der Sopranistin in ein neues Stadium mit der Titelrolle in Donizettis „Lucia di Lammermoor“, die sie u.a. 2004 in Chicago, 2006 an der Pariser Bastille in einer beeindruckenden Inszenierung von Andrei Serban sowie 2007 an der New Yorker Met sang, wo Natalie Dessay auch 2008 wieder in verschiedenen Rollen auftrat. Bellinis „La Sonnambula“ wurde im März 2009 mit Natalie Dessay und Juan Diego Flórez als Liebespaar live aus der Met in Hunderte Kinos weltweit übertragen.
Natalie Dessays umfangreiche Disko-/Videografie, die u.a. Aufnahmen von Strawinskys „Le Rossignol“, Massenets „Manon“ (mit Rolando Villazón), Donizettis „Lucie de Lammermoor“, Bellinis „La Sonnambula“, Werke der Alten Musik von Händel und Monteverdi sowie geistliche Werke von Mozart und Bach enthält, hat zahlreiche Preise erhalten wie fünfmal den Victoire de la musique, den Diapason de l’anneé 2007, den Laurence Olivier Award sowie den ECHO Klassik 2009.